Wer spricht denn da?

Hallo, Freundinnen und Freunde,

ich sitze nicht rum, während ich warte, dass die Überarbeitung des „Kopfsturm“ mit dem Lektor losgeht. Ich feile weiter an meinem historischen Roman.

Ein spezielles Problem dabei: Im 17. Jahrhundert hat man noch völlig anders gesprochen als heute. Ein Beispiel aus einem Brief von 1680: Habe Ew. (Euer)Schreiben Selbst überreichet, und hat Er Mir versprochen es zu beantworten, hielte im übrigen für gut und approbirte Ew. Meinung das dessein fortzusetzen. Worbey aber en particulier Ich zu erinnern habe dieses, nemlich ist Sich täglich bey Ankunfft seiner Exzellenz einer Abförderung nach Hannover vermuhten.

Schwer zu verstehen, wie ihr seht, ganz erschließt sich der Sinn mir auch nicht. Insbesondere fallen das eingeschobene „e“ bei „überreichet“ auf, ebenso wie eingeschobene lateinische („approbirte“) und französische („en particulier“) Ausdrücke. Dies war die Sprache der Gebildeten.

In einigen historischen Romanen, die ich gelesen habe, umgeht man das Problem, in dem man es weglässt. Die Sprache ist neuzeitlich bis auf Nutzung von „Ihr“ und „Euch“ statt „Sie“ und „Ihnen“. So hatte ich es im ersten Entwurf auch getan. Aber irgendwie erschien mir das nicht zeitgenössisch genug. Deshalb habe ich in der jetzigen Fassung in den Dialogen bei einer Figur (Leibniz) das Hannoversche Deutsch des Barock angedeutet. Ein Beispiel: „Ihro Gnaden könnten mir assistieren, ein passend Archiv zu finden, in dem ich für meinen Herzog laborieren kann.“ Das ist noch zu verstehen und deutet doch an, wie Leibniz tatsächlich gesprochen haben könnte. In seinen Briefen wimmelt es übrigens von Latein und Französisch. In einem historischen Roman sollte man die behandelte Zeit ein klein wenig heraushören, finde ich …

Leibniz ist eine – wenn auch wichtige – Nebenfigur im Roman. Die Anzahl seiner wörtlichen Reden in 260 Seiten ist überschaubar. Der Leser wird weder überfordert noch gelangweilt und ich habe es bei ihm belassen. Die anderen handelnden Personen sprechen bis auf „Ihr“ und „Euch“ neuzeitlich und auf den ersten Blick verständlich.

Ich werde in wenigen Wochen für „Die Sternwarte des Dogen“ auf Suche nach einer Agentur gehen. Wie schon geschrieben, hat mein Verlag kein Interesse an historischen Romanen, die im Übrigen als „Erzählende Literatur“ Teil der Belletristik sind, wie ihr sicher wisst.

Euch eine möglichst stressfreie pandemische Zeit. We shall overcome!

Herzlich

euer Anton

Autor:

Der Autor hat bisher zwei Verlagsverträge, einen für den Thriller "Kopfsturm" (2022 im Südwestbuch-Verlag), einen für einen historischen Roman, der im Juli 2023 im Gmeiner-Verlag erscheinen wird "Der Alchemist von Venedig". Läuft …